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Psychiatrieentwicklungsprogramm: Versorgung weiter sicherstellen! Gemeinsames Forderungspapier des Liga FA Suchthilfe und Liga FA psychosoziale Hilfen zum PEP

Berlin, den 16.03.2023

Berlin verfügt im Bereich der psychosozialen Pflichtversorgung nach § 5 des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Erkrankungen (PsychKG) über ein ausdifferenziertes Netz an bezirklichen niedrigschwelligen Angeboten: Kontakt- und Beratungsstellen für Personen mit psychischer Erkrankung, Beratungsstellen für alkohol- und medikamentenabhängige Personen, Angebote, die psychisch erkrankten Personen Beschäftigungsmöglichkeiten bieten (Zuverdienste) und der Berliner Krisendienst Hinzugekommen ist in den letzten Jahren die aufsuchende mobile Beratung für Geflüchtete.

Das Berliner Psychiatrie-Entwicklungs-Programm mit dem Prinzip der gemeindenahen, bezirklichen Verantwortungsgemeinschaft bildet das Fundament der psychosozialen Versorgung. Die Leistungen bilden neben den Fachdiensten des Öffentlichen Gesundheitsdienstes und der klinischen Versorgung die Grundlage für eine nachhaltige Ausgestaltung des psychosozialen-psychiatrischen Hilfesystems und leisten somit einen essenziellen Beitrag für die psychische Gesundheit der Berliner Bevölkerung.

Darüber hinaus mindern diese Angebote die Inanspruchnahme deutlich kostenintensiverer ambulanter Behandlungen, stationärer Klinikaufenthalte sowie der Eingliederungshilfen. Ein finanzieller Aufwuchs der oben genannten zuwendungsfinanzierten Angebote ist eine sinnvolle Investition, die Menschen längere Leidenswege erspart und Geld spart!

Die aktuelle Situation der niedrigschwelligen psychosozialen Versorgung nach PsychKG im Psychiatrieentwicklungsprogramm ist besorgniserregend.

Unsere Forderungen:

  1. Eine  Sicherstellung  der  niedrigschwelligen  Dienste  durch  eine bedarfsgerechte finanzielle Aufstockung für die Angebote im PEP bereits im Doppelhaushalt 2024/25.
  2. Eine  Vollkostenfinanzierung der  niedrigschwelligen Angebote auf  der Grundlage  des  Zuwendungsrechts  nach  dem  Grundsatz  der  "guten Arbeit" (tarifgerechte Bezahlung).
  3. Eine transparente, berlinweit einheitliche Planung und Steuerung der Haushaltsmittel im PEP.
  4. Eine Möglichkeit, die Haushaltsmittel der Bezirke über ein Geschäftsjahr hinaus zu bewilligen.
  5. Eine Evaluation und Fortschreibung des PEP zur fachlich-inhaltlichen Weiterentwicklung der strukturierten psychosozialen Pflichtversorgung und unter Berücksichtigung der Empfehlungen der Landestrategie Sucht in Berlin.
  6. Eine Herausnahme der Alkohol- und Medikamentenberatungsstellen aus dem PEP    und   die   Zusammenführung   mit   dem    Handlungsfeld Verbundsystem Drogen und Sucht im Förderprogramm Integriertes Gesundheits- und Pflegeprogramm (IGPP). Damit erfolgt eine fachliche und finanzielle     Planung    und    Steuerung    der     Alkohol-    und Medikamentenberatung und  der  Drogenberatung  "aus  einer  Hand".

Begründung:

Aufgabe der Projekte im PEP
Die Projekte stabilisieren Menschen mit Suchterkrankung und/oder psychischen Problemen bzw. Menschen in Krisen durch frühzeitige Intervention. Es besteht ein unbürokratischer Zugang zu deren Leistungen: offene Beratungs- und Kontaktangebote, sinnstiftende Beschäftigung und Zugang zur Teilhabe im Lebensumfeld der Hilfesuchenden, Begleitung und Unterstützung in Krisen, Unterstützung bei Antragsstellungen und Weitervermittlungen. Die mobilen Teams wenden sich mit ihrer interkulturellen Kompetenz spezifisch an Menschen mit Migrations- bzw. Fluchthintergrund.
Für alle betroffenen Bürger:innen ist dies ein außerordentlich niedrigschwelliger Zugang, auf Wunsch anonym, kosten- und zuzahlungsfrei. Digitale Zugänge und aufsuchende Arbeit erleichtern ebenfalls die Kontaktaufnahme.

Steigender Bedarf
Die Rate von psychischen Erkrankungen steigt kontinuierlich. Allein "der Arbeitsausfall wegen psychischer Erkrankungen erreichte 2021 einen neuen Höchststand. Das Niveau lag mit 276 Fehltagen je 100 Versicherte um 41 Prozent über dem von vor zehn Jahren" (Psychiatriereport der DAK 20222).


Die Betroffenen sind von gesellschaftlicher Ausgrenzung betroffen/bedroht. Die aktuellen Krisen verunsichern viele Menschen zusätzlich. Für diejenigen, die sich ohnehin in einer schwierigen sozialen Lage befinden oder Sucht- bzw. psychische Probleme erleben, verschlechtert sich dadurch die Lebenssituation.

Menschen mit Fluchterfahrung erleben häufig psychosoziale Belastungen durch ungeklärten Aufenthalt, Perspektivlosigkeit und beengte Wohnverhältnisse.

ln dieser Situation ist eine ausreichende psychosoziale Versorgung für  diese Menschen unbedingt zu gewährleisten!

Die aktuell in schneller Folge stattfindenden Krisen und deren Folgen erfordern dringend eine Anpassung und  Weiterentwicklung der psychosozialen Angebote. Stattdessen trifft der steigende Bedarf auf Kürzungen der Angebote!

Finanzierung
Die Finanzierung der Angebote nach § 5 des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei  psychischen  Erkrankungen  (PsychKG)  erfolgt  über  Zuwendungen  des  Landes  Berlin mittels Globalsummenzuweisung an die Bezirke. Aus Sicht der Liga ist die Bestimmung  der Höhe der Mittel intransparent und nicht fachlich fundiert. Die Bezirke entscheiden über die Zuteilung der Mittel an die Träger der psychosozialen Angebote und sehen sich mit der Verwaltung von Knappheit konfrontiert. Der Eigenanteil, den die Träger aufbringen müssen, steigt seit Jahren und führt zu Entlassungen von Mitarbeitenden, d.h. die Steigerung wird von den Trägern durch eine Reduzierung des Personalkörpers kompensiert oder es müssen Angebote ganz geschlossen werden. ln der Praxis führt dies zu einer Reduktion der Angebote aufgrund eines "schleichenden" Personalabbaus und/oder Unwirtschaftlichkeit.
ln der aufsuchenden Arbeit der mobilen Teams, welche an die Kontakt- und Beratungsstellen angebunden  waren und unter anderem auch in den Unterkünften  für Geflüchtete  gearbeitet haben, gab es einen dramatischen Einbruch der Finanzierung. Von ehemals 24 Vollzeitkräften können heute noch ca. 6 Vollzeitstellen  berlinweit finanziert werden. Die Auswirkungen  der finanziellen Kürzungen erschweren  den Zugang zu psychosozialen  Hilfen für Menschen mit Fluchterfahrung. Eine weitere Aufgabe der mobilen Teams ist die Unterstützung von Mitarbeitenden in den Unterkünften, die ebenfalls stark reduziert werden musste.

Zusammenfassend  können wir feststellen, dass kein bedarfsorientierter Aufwuchs der finanziellen Mittel für psychosoziale Angebote und mobile Teams stattgefunden hat, sondern die Last des finanziellen Ausgleichs bei den Trägern abgeladen wurde. Die Reduktion der Angebote wirkt sich aber direkt auf die betroffenen Menschen aus!

Niedrigschwellige Versorgungsangebote müssen jetzt sichergestellt und bedarfsgerecht ausgebaut werden.

Ein signifikanter Aufwuchs im PEP spart Mittel!

Für den Liga FA Suchthilfe:
Heike Drees
Paritätischer Wohlfahrtsverband
LV Berlin e.V.
[E-Mail anzeigen]
030 86001 168

Für den Liga FA Psychosoziale Hilfen:
Uwe Brohi-Zubert
Paritätischer Wohlfahrtsverband
LV Berlin e.V.
[E-Mail anzeigen]
030 86001 555

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