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Betreuungskrise abwenden - Angebote der Jugendhilfe zukunftsfest gestalten

Positionen des LIGA Fachausschusses Hilfen zur Erziehung und Kinderschutz zu den Koalitionsverhandlungen in Berlin 2023

Die aktuelle Situation

Nicht nur die bildungsspezifischen, sondern auch die sozial-emotionalen Folgen der Pandemie zeigen sich deutlich in erhöhten Bedarfen an und in den Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe. Der Krieg in der Ukraine, die damit einhergehenden strukturellen und finanziellen Verwerfungen und wieder enorm angestiegene Zahlen von minderjährigen unbegleiteten Geflüchteten (UMG) stellen die Jugendhilfe in Berlin zusätzlich vor enorme Herausforderungen.

Unter anderem die Entgleisungen an Silvester werfen aber auch ein Schlaglicht auf die Folgen des Sparkurses der Vergangenheit. Auch andere dringend angezeigte strukturelle Modernisierungen in der Jugendhilfe sind lange „liegengeblieben“.

Deutlich zeichnet sich daher inzwischen ein erheblicher Fachkräftemangel in den Hilfen zur Erziehung ab – notwendige Angebote ruhen, andere können nicht im notwendigen Tempo neu errichtet werden.

Die Fachkräftekrise droht zu einer ernsten Betreuungskrise im Bereich der Hilfen zur Erziehung zu werden. Diesem muss dringend und nachhaltig entgegengewirkt werden!

Die wichtigsten Schritte sind daher jetzt:

  • Maßnahmen zur Fachkräftegewinnung, Ausbildung und Qualifizierung in den Hilfen zur Erziehung, wie sie derzeit im „Dialogprozess Fachkräfte in den Hilfen zur Erziehung“ eruiert werden, müssen in hohem Tempo verabredet und umgesetzt werden. Dazu zählen u.a. vor allem Mittel für (Duale) Ausbildungsplätze, eine Praktikantenvergütung und bezahlte Anleiter*innenstunden auch für Träger der freien Jugendhilfe sowie Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität der Arbeitsplätze in diesem herausfordernden Feld.
     
  • ​​Die Überprüfung der Personalbemessung in den stationären Angeboten der Hilfen zur Erziehung muss entsprechend fortgeführt und die Ergebnisse schnell umgesetzt werden. Der Berliner Rahmenvertrag Jugendhilfe (BRVJug) – er definiert die Rahmenbedingungen unter denen die einzelnen Hilfeangebote zu gestalten sind – ist bis heute ein „Einsparvertrag“. Er entstand dereinst unter den Bedingungen der Berliner Haushaltsnotlage mit dem Ziel von Millioneneinsparungen im Berliner Haushalt. Viele Strukturen und insbesondere fachlich nicht gerechtfertigte Pauschalierungen behindern bis heute eine moderne, bedarfgerechte und agile Weiterentwicklung der Angebote.
     
  • Der Auf- und Ausbau von notwendigen Plätzen (auch und gerade für die Un-terbringung von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten) in den stationären Angeboten der Jugendhilfe muss finanziell durch eine „Starthilfe“ unterstützt werden – ähnlich wie es für andere soziale Infrastruktur längst geschieht. Ein Absenken der Betreuungsstandards darf es dabei nicht geben.
     
  • Die Digitalisierungsstrategie Jugendhilfe ist bislang ausgeblieben, sie muss dringend in Gang gebracht werden. Die Maßnahmen aus dem Digitalpakt Schule erreichen viele junge Menschen noch immer nicht verlässlich und wenn dann nur in ihrer Rolle als Schüler*innen. Digitale Teilhabe ist in Bezug auf gelingende Entwicklungsprozesse für junge Menschen jedoch unabdingbar. Zugänge zu Bildung, Kultur und politischer Mitbestimmung hängen genauso davon ab wie die Gestaltung des Lebensalltags, die Pflege sozialer Kontakte und der Zugriff auf Hilfs- und Unterstützungsleistungen. Vielen jungen Menschen stehen dennoch weiterhin keine ausreichenden digitalen Endgeräte und verlässliche Datenzugänge zur Verfügung. Auch für viele Angebote der Jugendhilfe (Erziehungs- und Familienberatung, Jugendberufshilfe, etc.) sind die Kosten für eine moderne Digitalisierung nicht refinanziert.
     
  • Berlin muss zu einer bedarfsorientieren und auf Dauer angelegten guten Grundausstattung der Jugendsozialarbeit und Jugendarbeit zurückkehren. Es muss gelten: Nachhaltigkeit statt Ad-hoc-Projekte in der Jugendsozialarbeit und Sozialraumorientierung. Die Ereignisse an Silvester haben die Diskussion zur Jugendsozialarbeit in den Fokus gerückt. Im Rahmen der Aufarbeitung darf es nun nicht erneut nur zu temporärem Aktionismus im Rahmen befristeter Projekte kommen. Dauerhafte Lösungen für eine sozialraumorientierte Jugendsozialarbeit und Jugendarbeit müssen auch auf Dauer angelegt sein. Prekäre, temporäre Finanzierungen verhindern das Entstehen dauerhafter und wirkungsvoller Hilfestrukturen.

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