Ehrenamt braucht Hauptamt
Ehrenamtliche Besuchsdienste werden in Berlin von unterschiedlichen sozialen Trägern angeboten. Der Hauptteil des Angebotes wird durch freiwilliges Engagement ermöglicht. Es fehlen finanzielle Mittel für ausreichende Stellenanteile einer hauptamtlichen Koordination sowie für die Anerkennungskultur. Eine hauptamtliche Koordination durch eine geeignete Fachkraft er-möglicht die Sicherstellung kontinuierlicher fachlicher Anleitung, Gewinnung, Begleitung und Unterstützung der Ehrenamtlichen. Freiwillige in den Ehrenamtlichen Besuchsdiensten benöti-gen eine fundierte Einstiegsberatung, regelmäßige Weiterbildung und Praxisbegleitungen, um sich zielführend und nachhaltig engagieren zu können.
Auch die Berliner Engagement Strategie empfiehlt die Stärkung hauptamtliche Strukturen zur Unterstützung von freiwilligem Engagement.
Unserer Forderungen
1. Förderung einer hauptamtlichen Koordination
Es bedarf einer hauptamtlichen Koordination für die Begleitung der Ehrenamtlichen und der zu besuchenden Personen, zur konzeptionellen Weiterentwicklung sowie zur Vermittlung der Nutzerinnen und Nutzern zu anderen Angeboten.
Wir fordern die Finanzierung einer qualifizierten hauptamtlichen Freiwilligenkoordination im Umfang einer Vollzeitstelle für die Betreuung von bis zu 40 Engagierten plus Sachkosten (z.B. für Aus- und Weiterbildung von Engagierten, Budget für die Anerkennungskultur, Auslagener-stattung für Engagierte, Supervision). Dazu gehört auch, dass sich öffentliche Zuwendungen an der Bezahlung von Tariflöhnen und einer den Anforderungen entsprechenden Honorierung der Mitarbeitenden orientieren
2. Förderung eines flächendeckenden Ausbaus der Ehrenamtlichen Besuchsdienste und Spezialisierung auf Bedarfe neuer Zielgruppen
Der flächendeckende Ausbau ist zu fördern. Dazu gehört es auch Neugründungen zu ermöglichen. Voraussetzung ist eine angemessene Anschubfinanzierung sowie eine Perspektive einer längerfristiger Projektförderung.
3. Förderung von Innovationen
Die Ehrenamtlichen Besuchsdienste leben von einem persönlichen und flexiblen Ansatz. In einer sich stets wandelnden Welt zeigen sich die Dienste als innovativ. Um Neues zu denken und zu entwickeln, bedarf es Raum, Zeit und finanzielle Ressourcen. Wir fordern Unterstützung für innovative Ansätze und der Auseinandersetzungen mit Chancen und Herausforde-rung der Digitalisierung. Dies können z.B. neue Formate und Ansätze sein für die es Knowhow (Z.B. Fortbildungsmöglichkeiten) als auch die Ausstattung (z.B. Technische Geräte, Software, Plattformen zur Vernetzung, oder Spiele) bedarf, um sich stetig im Sinne der Nutzerinnen wei-terzuentwickeln.
Hintergrund/Ausgangssituation
In Berlin ist leben vielen Menschen allein, 53 % der Haushalte sind sogenannte Ein-Personen-Haushalt . Es gibt (zu) viele Menschen, die sich einsam fühlen oder unter sozialer Isolation leiden. Demographischer Wandel, unsere veränderten Lebensverhältnisse, die Verstädterung und veränderte Formen der Kommunikation tragen zu einem stetigen Anstieg bei. Es gibt unterschiedliche Gruppen, die besonders stark betroffen sind. Das Risiko sozial isoliert zu sein erreicht im hohen Erwachsenenalter die höchsten Werte, denn in der zweiten Lebenshälfte verringert sich die Größe der sozialen Netzwerke kontinuierlich. Diese Verringerung der Netzwerkgröße führt häufig dazu, dass die betroffenen Menschen niemanden oder nur noch eine einzige Person haben, mit der sie regelmäßig Kontakt haben und die für sie wichtig ist. Weitere Gruppen sind u.a. vulnerable Gruppen. Auch unter Studierenden findet sich das Phänomen der Einsamkeit. Allen gemein ist, dass soziale Isolation und Einsamkeit negative Folgen für die Betroffenen haben können. Es sind zutiefst stressvolle Erfahrungen, die mit erheblichen Ge-sundheitsrisiken verbunden sind.