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Positionen des LIGA FA Wohnungsnotfallhilfe zum Koalitionsvertrag Berlin 2021-2026

Die LIGA Berlin begrüßt den Koalitionsvertrag zwischen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), Landesverband Berlin, Bündnis 90/Die Grünen, Landesverband Berlin, und DIE LINKE, Landesverband Berlin, über die Bildung einer Landesregierung für die Legislaturperiode 2021-2026 und die darin enthaltenen Regelungen und Vorhaben zum Thema Wohnen und Wohnungslosigkeit. Gerne möchten wir Ihnen Ergänzungen und Konkretisierungen zu einigen Punkten vorschlagen.

Beim Neubau von 20.000 Wohnungen jährlich und dem Ankauf weiterer Wohnungen bitten wir vulnerable Zielgruppen, wie beispielsweise wohnungslose Menschen, in besonderer Weise bei der Vergabe zu berücksichtigen und hierfür konkrete Vereinbarungen zu schließen. Kleine Wohnungen, die für alleinerziehende Familien mit einem Kind geeignet sind, werden dringend benötigt, ebenso wie die erwähnten Wohnungen für besonders große Haushalte. Die Bezirke sollten bei der Wahrnehmung ihres bezirklichen Vorkaufsrechts unterstützt werden. Der Wohnraumbedarfsbericht sollte unter breiter Einbeziehung aller Ressorts sowie der LIGA erfolgen und konkrete ressortübergreifende Maßnahmen benennen.

Die Maßnahmen zur Vermeidung von Wohnungsverlust insbesondere von Familien mit Kindern sollten genau definiert und deren Umsetzung evaluiert werden.
Die allgemeine/ unabhängige Sozialberatung muss dringend ausgebaut werden, um die soziale Sicherung von Menschen mit geringem Einkommen zu gewährleisten und bereits frühzeitig drohendem Wohnraumverlust entgegenwirken zu können.
Wir fordern auch weiterhin, dass – ganz im Sinne des Leitlinienprozesses – berlinweit Fachstellen Soziale Wohnhilfe entstehen, die diesem Anspruch im Sinne der Definition des Deutschen Städtetages auch gerecht werden, die nach einheitlichen Grundstandards funktionieren und durch aufsuchende, schnell handlungsfähige Teams einen wichtigen Beitrag zur Verhinderung von Wohnungsverlust und zur Vermittlung in geeignete Hilfen leisten.

Bei bereits eingetretenem Wohnungsverlust sollte die Unterbringung vorrangig in Normalwohnraum erfolgen. Wir begrüßen die Schaffung der Erprobungsklausel in der AV Wohnen hier außerordentlich. Die Aufenthaltsdauer in sog. ASOG- Unterkünften sollte so kurz wie möglich sein. Wir halten es daher für dringend erforderlich, ein Konzept zu erstellen, wie die bereits nach ASOG untergebrachten Menschen in Wohnraum vermittelt werden können. Nach wie vor erwarten wir aber auch – gemäß Rechtsgutachten der BAGW und auch der entsprechenden Vereinbarungen in den 2019 verabschiedeten Leitlinien zur Wohnungsnotfallhilfe und Wohnungslosenpolitik – eine umfassende Umsetzung des Rechtsanspruchs auf ordnungsrechtliche Unterbringung für alle (nicht „freiwillig“) obdachlosen Menschen durch alle Berliner Bezirke auch unabhängig vom Vorliegen sozialrechtlicher Ansprüche. Dies würde zugleich zu einer spürbaren Reduzierung der Straßenobdachlosigkeit und Entlastung der Kältehilfe beitragen.

Einen wichtigen Baustein zur Vermeidung und Beendigung von Wohnungslosigkeit und Unterstützung beim Wohnen liefern die Hilfen nach § 67 SGB XII. Wir begrüßen, dass unsere langjährige Forderung der bedarfsgerechten Flexibilisierung der Leistungstypen im Koalitionsvertrag Erwähnung findet und bis Mitte 2023 abgeschlossen werden soll. Die Bereitstellung von Ressourcen seitens des Landes für die Berliner Vertragskommission Soziales und die aktive Mitwirkung der Senatsverwaltung für Finanzen ist dringend erforderlich. Nicht nachvollziehbar sind in dem Zusammenhang die nach wie vor für den Bereich § 67 SGBXII bestehenden Sonderregelungen der Begrenzung der Basiskorrektur beim Planmengenverfahren, die für die Bezirke einen Anreiz zur Begrenzung der Bewilligung von Maßnahmen nach  § 67 SGB XII schaffen und dadurch u.a. den politischen Bemühungen um nachhaltige Vermittlung von wohnungslosen Menschen in eigenen Wohnraum zuwiderlaufen. Als besonders kritisch hat sich dies insbesondere beim – politisch gewünschten – Erhalt der Kriseneinrichtungen nach § 67 SGB XII gezeigt.
In Bezug auf das im Masterplan benannte Prinzip Housing First als neuem Leitziel der Wohnungsnotfallhilfe schlagen wir einen breit angelegten Diskussionsprozess vor, in dem genauer definiert wird, was dies konkret beinhaltet und wie die künftige Umsetzung und Einbettung in die Hilfelandschaft erfolgreich gelingen kann.

Der Bau von Wohnungen für wohnungslose Menschen durch gemeinnützige Träger und das Inaussichtstellen von Darlehen durch die IBB kann nur ein Baustein zur Versorgung wohnungsloser Menschen mit Wohnraum sein. Viele Träger sind wirtschaftlich und (bau-)fachlich nicht in der Lage, größere Bauvorhaben umzusetzen. Zudem sind bestehende Neubauförderprogramme nicht passgenau, die Vorgaben treffen auf die Bedarfe von sozialen Trägern und deren Klientel beispielsweise nach Clusterwohnraum nicht zu. Soziale Träger unterstützen beim und zum Wohnen, können aufgrund ihres Gemeinnützigkeitszwecks aber keine ausschließliche Wohnraumversorgung ohne soziale Betreuung anbieten. Wohnungen, die für das Housing First Prinzip benötigt werden, sollten durch das Land Berlin akquiriert oder die Akquise durch soziale Träger zumindest finanziert werden. Nur so können sich gemeinnützige Träger auf ihr „Kerngeschäft“ und ihren eigentlichen Auftrag, die soziale Betreuung wohnungsloser Menschen, konzentrieren.

In den Berliner Leitlinien zur Wohnungsnotfallhilfe und Wohnungslosenpolitik, die 2019 in einem breit angelegten Prozess unter Federführung der Sozialsenatorin und unter Beteiligung der LIGA und ihrer Mitgliedsorganisationen entstanden sind, sind Handlungsfelder und Maßnahmen benannt. Der Berliner Masterplan zur Überwindung der Wohnungs- und Obdachlosigkeit bis zum Jahr 2030 greift einige Aspekte aus den Leitlinien auf. Wir bedauern, dass beispielsweise das wichtige Thema Weiterentwicklung der niedrigschwelligen medizinischen/zahnmedizinischen Versorgung zu einem ausfinanzierten und bedarfsgerechten Hilfesystem für obdachlose Menschen auch ohne Krankenversicherungsschutz keine Erwähnung findet. Die Maßnahmen in den Leitlinien gehen des Weiteren noch weit über den Masterplan hinaus. Wir fordern daher eine Konkretisierung der einzelnen Handlungsfelder und Maßnahmen mittels konkretem Zeit- und Umsetzungsplan unter Nennung der jeweiligen beteiligten Akteure sowie der Federführung für die Umsetzung der Maßnahmen. Nur so kann deutlich werden, wie das Ziel Wohnungs- und Obdachlosigkeit bis zum Jahr 2030 abzuschaffen, erreicht werden soll.


Ansprechperson:
Ina Zimmermann, Vorsitzende des LIGA FA Wohnungsnotfallhilfe
Referentin für Armutsbekämpfung, Wohnungslosenhilfe und Soziale Dienste
Diakonisches Werk Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz e. V.
Paulsenstr. 55/56, 12163 Berlin
Tel. 030/ 82097-190
Mail: zimmermann.i@dwbo.de

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LIGA Fachausschuss Wohnungsnotfallhilfe zum KoA Vertrag

LIGA Fachausschuss Wohnungsnotfallhilfe zum KoA Vertrag

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