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Platzausbau zur Versorgung und Unterbringung von unbegleiteten minderjähri-gen Geflüchteten jetzt auf eine solide Basis stellen.

Solidarisches Handeln in schwierigen Zeiten
Seit Januar 2022 erreichen immer mehr unbegleitete minderjährige Geflüchtete (UMG) das Land Berlin. Sie kommen insbesondere aus Afghanistan, Syrien, Türkei, Nordirak und den afrikanischen Ländern. Aktuell werden täglich rund 10 junge Menschen in der Stadt registriert.

Die freie Jugendhilfe steht vor einer so nie dagewesenen Herausforderung; es werden dringend Plätze im Regelsystem der Jugendhilfe benötigt, um die ankommenden Kinder und Jugendlichen unterzubringen. Jedoch haben der Fachkräftemangel, die Corona-Pandemie, die Wohnungsknappheit und die langjährigen Fluchtfolgen bereits jetzt eine Überlastung der Strukturen und der Fachkräfte in der gesamten Jugendhilfe zur Folge. Manche Träger sehen sich aufgrund von Personalmangel bereits gezwungen, Plätze oder sogar ganze Angebote temporär ruhen zu lassen.

Der LIGA-Fachausschuss Hilfen zur Erziehung und Kinderschutz bekennt sich zur Notwendigkeit, im Rahmen des Berliner Rahmenvertrages für Hilfen in Einrichtungen und durch Dienste der Kinder- und Jugendhilfe (BRVJug) außerordentliche Maßnahmen zu ergreifen, um gemeinsam mit der öffentlichen Seite einen Platzausbau für unbegleitete minderjährige Geflüchtete zu ermöglichen. Der gemeinsame Trägergipfel am 13. Januar 2023 gab dazu einen ersten Impuls. Jedoch dürfen die Fehler aus den Jahren 2015/16 nicht wiederholt werden.
Der Ausbau muss nicht nur schnell geschehen, um eine angemessene Betreuung der jungen Menschen auch unter den aktuell schwierigen Bedingungen kurzfristig sicherzustellen. Der nachhaltige Platzausbau und die Unterbringung in Angeboten, die in vollem Umfang die Standards der Rahmenleistungsbeschreibungen (RLB) erfüllen, müssen dabei die Hauptziele bleiben.
Für die Versorgung und Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten stehen im Regelsystem der freien Jugendhilfe aus unterschiedlichen Gründen (z.B. angespannter Wohnungsmarkt, Fachkräftemangel, hohe Zuzugszahlen von Geflüchteten, allgemeine Preissteigerungen) nicht ausreichend Plätze bereit. Wir unterstützen daher den krisenbedingten temporären Ausbau von sogenannten „Brückenangeboten“ für UMG ab dem 16. Lebensjahr und beteiligen uns an verbindlichen Regelungen, diese zu ermöglichen und innerhalb von zwei bis maximal drei Jahren in Angebote zu überführen, die den RLB entsprechen.

Folgende Eckpunkte müssen bei der Gestaltung der Brückenangebote Berücksichtigung finden:

Das temporäre Abweichen von den in den Rahmenleistungsbeschreibungen festgelegten Qualifikationserfordernissen des einzusetzenden Betreuungspersonals erscheint vor dem Hintergrund des notwendigen Tempos des Platzausbaus unumgänglich. Ebenso muss - wo notwendig und aus pädagogischer Sicht verantwortbar – von den bisher gesetzten räumlichen Ausstattungskriterien abgewichen werden können.

Dies macht es zwingend nötig, Zeit zur Einarbeitung und Anleitung sowie Mittel zur mittelfristigen Aus- und Fortbildung von anderem geeignetem Personal zur Verfügung zu stellen mit dem Ziel, diese Mitarbeitenden langfristig als sozialpädagogische Fachkräfte zu gewinnen.
Ebenfalls sind die Maßnahmen zur Fachkräfteausbildung und -gewinnung, die derzeit im „Dialogprozess Fachkräfte in den Hilfen zur Erziehung“ eruiert werden, in hohem Tempo zu verabreden und umzusetzen.
Um neue Angebote aufzubauen, benötigen die freien Träger Vorlauf: Räumlichkeiten müssen akquiriert und ggf. baulich angepasst oder saniert werden. Zudem müssen die eventuell von den üblichen Standards temporär abweichenden Raumbemessungen in den Brückenangeboten räumlich und pädagogisch so gestaltet werden, dass sich junge geflüchtete Menschen nicht benachteiligt fühlen und ihre Privatsphäre gewahrt bleibt. Auch der Übergang zu den in der Jugendhilfe geltenden Standards muss verlässlich gestaltet werden können. Des Weiteren muss geeignetes Personal gefunden, eingestellt und eingearbeitet werden (Personalvorhaltung).
Beim Aufbau neuer Plätze entstehen folglich erhebliche Kosten, bevor die jungen Menschen das An-gebot in Anspruch nehmen können. Die freien Träger gehen damit angesichts der angespannten Lage (z.B. Wohnraumsituation, gestiegene Lebensmittel-, Energie- und Heizkosten, Anschaffungskosten, Dienstleistungen, Mietsteigerungen, Personalakquise etc.) große Risiken ein. Es ist erforderlich, diese Vorlaufkosten auf der Grundlage des BRVJug (Tz. 19.3) angemessen zu berücksichtigen und schnellstmöglich mit einer Starthilfe als Anreiz zum Platzausbau zu verbinden.
Der Aufbau zusätzlicher entgeltfinanzierter Angebote in großer Zahl bedarf der Verhandlung zusätzlicher Trägerverträge, dies liegt in der Natur der Sache. Die sukzessive Anpassung der jetzt neu aufzubauenden Brückenangebote an die Regelungen der vorhandenen Rahmenleistungsbeschreibungen wird überdies schrittweise Anpassungen in den Verträgen nötig machen. Abweichend von den üblichen Verhandlungszyklen benötigt es daher ein beschleunigtes Anpassungsverfahren der Verträge – damit die Sonderbedingungen der Brückenangebote jeweils so schnell wie möglich entfallen können. Die Möglichkeiten zu entsprechenden Trägervertragsverhandlungen und kurzfristigen Vertragsanpassungen sind vom Land Berlin zu gewährleisten. Ausreichende Personalressourcen in der Senatsverwaltung sind dafür unabdingbar.
Um die Vertragsverhandlungen zu beschleunigen und zu vereinfachen, ist die Formulierung von Orientierungswerten sowohl für die Platzzahlen, die Raum- und Personalausstattung wie auch einzelne Entgeltbestandteile sinnvoll. Die konkrete Ausgestaltung am einzelnen Angebotsstandort muss jedoch weiterhin in der konzeptionellen Verantwortung der freien Träger liegen, verantworten diese doch auch das Gelingen der Hilfe. Eine grundsätzliche Pauschalierung dieser Angebotsrahmenbedingungen sowie einzelner Entgeltbestandteile lehnen wir daher ab.

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Platzausbau für unbegleitete minderjährige Geflüchtete

Platzausbau für unbegleitete minderjährige Geflüchtete

Stand: 21.02.2023

Größe: 0.23 MB

Typ: application/pdf

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