26.06.2018
Um dem Pflegenotstand zu begegnen, braucht es bessere Arbeitsbedingungen und bessere Arbeits-vergütungen in der Pflege, darüber sind sich die Experten einig. Auf dem Fachtag, zu dem gestern die Berliner Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege (LIGA Berlin) eingeladen hatten, herrschte Einigkeit darüber, dass Tarifverträge in der Pflege sinnvoll und eine Transparenz der aktuellen Arbeitseinkommen ein wichtiger Schritt in diese Richtung sind. Uneinig war man in dem Punkt, ob die Festlegung einer ortsüblichen Arbeitsvergütung das Mittel der Wahl ist. Die Berliner Akteure in der Pflege fordern weitere Verhandlungen − ohne Abstriche in der Qualität der Pflege.
68.000 Stellen in der Pflege fehlen nach Angaben von Andreas König (Verdi, Bezirk Berlin, Altenpflege) in ganz Deutschland. König forderte auf dem Fachtag, dass die tarifliche Vergütung vollständig durch die Pflegeversicherung finanziert werden müsse. Eine faire Bezahlung dürfe nicht als Mehrkosten bei den Pflegebedürftigen und deren Familien ankommen, sagte er.
Hans-Joachim Fritzen (AOK Nordost) betonte, dass die pflegerische Versorgung der Bevölkerung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei. Diese sei nur zu schaffen, wenn alle − also Länder, Kommunen, Kranken- und Pflegekasse, Leistungsanbieter und medizinischer Dienst − zusammenarbeiten. Fritzen sprach sich für einen Mindestlohn auf West-Niveau aus.
Hans-Joachim Wasel (Caritas Berlin) forderte auf dem Fachtag, dass in den Rahmenverträgen eine ortsübliche Arbeitsvergütung nicht nur für Pflegekräfte und Pflegefachkräfte, sondern für alle Beschäftigte festzulegen sei. Er sagte: „Durch eine solche Regelung würden alle Beschäftigten vor Lohndumping geschützt. Es kann nicht sein, dass die Unternehmen geschützt werden, die auf Kosten der Pflegekräfte überdurchschnittlich hohe Gewinne machen.“
Staatssekretärin Barbara König (Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung) betonte, dass das Land Berlin „nicht auf den Bund warten, sondern gleich Gespräche auf Berliner Ebene begin-nen“ wolle. Auch sie hält den derzeitigen Mindestlohn − 10,05 € im Osten und 10,55 € im Westen − für zu gering und fordert eine Erhöhung auf 15 € und eine öffentliche Debatte sowie mehr Transparenz der Arbeitseinkommen in der Pflege. Gleichzeitig wies sie aber auch darauf hin, dass man nicht nur die Vergütung, sondern auch die Arbeitsbedingungen im Blick haben sollte.
Uwe Mahrla (Volkssolidarität) schlug vor, dass man statt über eine Lohnerhöhung auch über einen höheren Steuerfreibetrag für die direkt in der Pflege Tätigen nachdenken könnte. Dies wäre ein Ausdruck der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung für die Pflege.